Samstag, 4. August 2012

SIG 516 Langzeittest – Woche 26 bis 30

In unserem Langzeittest wird die SIG in der Konfiguration geschossen, mit der sie standardmäßig ausgeliefert wurde. Es findet höchstens ein Austausch der Visiereinrichtung statt, um dem Leser hier verschiedene Produkte vorzustellen.
In diesem Beitrag geht es aber vor allem um eins: Kein Anbauteil dieser Welt beseitigt Ausbildungsdefizite!

Gesamtschusszahl: 2.660 + 180 = 2.840

Störungen Typ I: 5
Störungen Typ II: 0
Störungen Typ III: 0
Störungen Typ IV: 2

Verschleiß- und Austauschteile:

Dämpfer (Buffer)
Schließfeder (Buffer Spring)
Steuerstift (Bolt Cam Pin)
3 Gasringe (Bolt Gas Ring)
Schlagfeder
Schließfeder


In letzter Zeit gab es nicht viel zu berichten. Die SIG 516 wurde wenig geschossen. Es ist Urlaubszeit und Leute haben hin und wieder auch noch andere Sachen zu tun. Die Waffe wurde lediglich auf zwei 0/500-Gewehrkursen zum Vorschießen der Übungen eingesetzt und funktionierte störungsfrei. Verschossen wurden wie gehabt GECO 62 gr.

Der Wahn, sich möglichst viele und gleichermaßen nutzlose Anbauteile an die Waffe zu friemeln ist ein bedauerlicher Trend. Es scheint so, als ob AR-15-Anwender erst richtig glücklich sind, wenn sie ihre Waffe so verbastelt haben, dass sie entweder nicht mehr funktioniert, sie endlos schwer ist oder man sich in der Anwendbarkeit einer effizienten Schießtechnik möglichst weitreichend selbst limitiert.

Anbauteile sollen dem Schützen die Arbeit erleichtern bzw. sollen sie ihm einen Vorteil verschaffen. Aber kein Anbauteil dieser Welt beseitigt Ausbildungsdefizite. Dennoch unterliegen diesem Irrglauben immer noch zu viele Schützen und manchmal steigert er sich bis zum Selbstbetrug.

Häufigste Modifikationen
Die häufigsten Modifikationen an einer Langwaffe (lies: moderner Selbstlader in .223 oder .308) sind das Verwenden einer (meist sündhaft teuren) Optik, ein leichterer Abzug, natürlich der obligatorische Vordergriff und leider immer öfter Kompensatoren.

Optik
Eine Optik in Form eines ZF hilft dabei, das Ziel leichter zu identifizieren. Eine Leuchtpunktoptik kann dabei helfen, die Zielerfassung zu beschleunigen. Jedoch machen weder ein ZF noch ein Red Dot die Waffe präzisier.
Im eigenen Interesse sollte sich ein Schütze zuerst darauf trainieren, seine offene Visierung zu beherrschen. Wenn dann noch gewollt oder für einen speziellen Einsatzbereich der Waffe von Vorteil, kann eine entsprechende optische Zielhilfe montiert werden. Wird das Schießen mit offener Visierung aber vernachlässigt, entsteht eine Fähigkeitslücke.

Abzug
Auch ein leichterer Abzug macht die Waffe nicht präziser. Er kaschiert nur bis zu einem gewissen Grad einen vorhandenen Abzugsfehler. Eine weitere Fähigkeitslücke entsteht. Abzugsfehler bleibt Abzugsfehler.

Vordergriff
Während Visiereinrichtung und Abzug an jeder Waffe notwendig sind, ist der „vertikale Vordergriff“ ein nutzloses Bauteil. Man braucht ihn nicht. Er erleichtert weder die Zielerfassung, noch das Treffen (selbst nicht bei sog. „schnellen Schussfolgen im Nahbereich“), noch bringt er auch nur den geringsten Vorteil in Sachen Schießtechnik.

Kompensator
Kompensatoren sollen den Hochschlag oder den Rückstoß einer Waffe minder. So genau wissen das Anwender dieses Bauteils meist selbst nicht. Auf Schießkursen führen die seitlich weggeleiteten Gase nur zu einer Belästigung des linken und rechten Nebenmanns. Redet man über das Kaliber .223 Rem. ist die Effektivität eines Kompensators ohnehin in Frage gestellt. Mit einer sinnvollen Schießtechnik und dem konsequenten Nutzen von Referenzpunkten lassen sich Waffen mit standardmäßigen Mündungsfeuerdämpfern (bspw. der A2-Dämpfer des AR-15) genau so gut beherrschen.




Die SIG 516
Die SIG 516 wird im Langzeittest grundsätzlich „nackt“ geschossen. Ohne Anbauteile. Von Zeit zu Zeit findet ein Tausch der Visiereinrichtung statt, um dem Leser hier verschiedene Produkte vorzustellen. Ansonsten ist es die Waffe, wie aus der Verpackung genommen. Auf Schießkursen der Akademie 0/500 wird die Waffe ebenfalls in dieser Standardkonfiguration geschossen. Das soll den Teilnehmern zeigen, dass zum Treffen und auch zum Erfüllen von anspruchsvollen Zeitübungen keine der oben aufgeführten Anbauteile notwendig sind.




In dieser Konfiguration erfüllt die SIG 516 die zehn Gewehr-Standardübungen von Paul Howe CSAT und auch den Half & Half Drill nach Kyle Lamb. Modifizierte Waffen mit Anbauteilen hingegen erfüllen diese Zeitübungen (wenn überhaupt) weder besser noch präziser noch mit einem praxisrelevanten Zeitvorteil. Anbauteile werden überwertet.


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3 Kommentare:

  1. Dieser kurze Artikel drückt kurz und prägnant genau meine Meinung aus. Das AR-Baukasten System verführt geradezu, selbst mit dem Verbasteln anzufangen.
    Die Grundwaffe ist zumeist ein gutes Gebrauchsgewehr. Veränderungen spezialisieren meist für eine bestimmte Sportdisziplin, ob es wirklich eine Verbesserung ist?
    Railvorderschäfte: Schwer, unhandlich, klappern lauter als Polymerteile.
    Vordergriffe: Stören bei vielen Anschlagsarten.
    Vergrößerte Bedienteile: Gefahr des unbeabsichtigten Auslösens (Magazinknopf...) oder störend (tactical latch...)
    Verschiedene Hinterschäfte: Hoher Preis, wirkliche Vorteile?? Cheekriser für ZF Anschlag.

    Perfektion ist, wenn man nichts mehr weglassen kann. Frei nach Saint-Exupéry.

    Aber: Jeder soll nach seiner Facón glücklich werden. Die Hersteller und Händler müssen ja auch leben und Kinder zur Uni schicken ;o)

    Hans

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  2. Ich bin erschreckt wie viele Teile Sie schon tauschen mussten!!! Ich schiesse von berufes Wegen täglich. Auch mit Colt Canada C7, C7A1 und C8. Einige dieser Waffen haben mehr als 20`000 Schuss drauf ohne das irrgendwas gewechselt werden musste. Ich persönlich schiesse seit 6`500 Schuss ein 14,5" Sabre Defence M4 ( Von B&T AG montiert) ohne jegliche defekte! Also meiner Meinung nach muss Sig Sauer da echt nochmals über die Bücher...
    Der Test wird bestimmt noch viel interessantes zu Tage bringen! Weiter so...

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  3. Sehr geehrter Herr Hoffmann,

    als aufmerksamer und vor allem begeisterter Leser Ihres Blogs und der "Waffenkultur" möchte ich Ihnen ein Thema für Ihre kommenden Veröffentlichungen vorschlagen.

    Als Besitzer eines HK AR15-Derivats und gefühlter Teil der Waffenbesitzer 2.0 stellt sich mir die Frage nach der richigen Munition abseits militärischer Laborierungen im Kontext des durchgehendes Visierbereiches. Im Zentrum steht die Frage nach einer möglichst universellen Patrone für AK- und AR15 Systeme mit unterschiedlichen Lauflängen (mir ist zumindest teilweise bekannt, dass vor allem hier der Hund begraben liegt) und damit verbunden die Entscheidung zwischen 55 und 62grs. Hier sind für mich auch die zielballistischen Wirkungen und der Einfluß des Wetters jenseits der 100m interessant. Abschliessend die Frage nach einem Unterschied in der Ballistik zwischen VM und TM/HM.

    Vielleicht beschäftigen Sie sich ja mal mit diesen Fragestellungen und sind bereit uns Ihre Gedanken dazu mitzuteilen. Dies würde zumindest mich brennend interessieren.

    Machen Sie weiter so!

    Mit besten Grüßen

    Andreas

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