Der Kauf eines
Zielfernrohrs unterliegt diversen Kriterien: Vergrößerung, Absehen und oft auch
der Preis stehen im Vordergrund. Meist zählt die Funktion der Verstelltürme
nicht zu den primären Anforderungen. Die Maßeinheit der Klicks und vor allem
die Verstellrichtung sind aber relevant, können sie doch die Arbeit des
Schützen erheblich vereinfachen.
Die Drehrichtung der Verstelltürme ist beim Zielfernrohrkauf
meist ein gering geschätztes und daher kaum beachtetes Qualitätsmerkmal. Als
Kunde nimmt man es meist als gegeben hin. Bei einer durchschnittlichen
Anwendung des Waffesystems kann über die Drehrichtung auch gern hinweggesehen
werden. Große Bedeutung erhält sie jedoch bei einer praxisorientierten
Waffenanwendung, bei der Stresssituationen nicht ausgeschlossen werden können,
schnelles Handeln aber unabdingbar bleibt.
Motorik
Menschen; vermutlich nicht nur aus Mitteleuropa; unterliegen
der Alltagswahrnehmung, dass eine Rechtsdrehung an einem Regler grundsätzlich
mit einem positiven Ergebnis verknüpft ist: Das Radio wird lauter, die
Temperaturregelung im Auto bringt mehr Wärme und Licht wird durch das
Rechtsdrehen am Dämmerungsschalter heller.
cw (clockwise)
Eine Rechtsdrehung am Verstellturm eines Zielfernrohrs
sollte ebenfalls eine positive Auswirkung haben. Lies, den Treffpunkt in eine
positive Richtung verlagern. Im Koordinatensystem eines Fadenkreuzes sind die
positiven Richtungen nach Oben und nach Rechts. Das Gleichnis des
Koordinatensystems ist bewusst gewählt. Vom Nullpunkt aus führen die Abszissenachse
(x-Achse) horizontal nach rechts und die Ordinatenachse (y-Achse) vertikal nach
oben jeweils in den positiven Bereich hinein. Beides ist mittels Rechtsdrehung
an den Türmen zu bewerkstelligen. Man spricht in diesem Fall auch von einer
„clockwise“-Verstellrichtung (cw).
ccw
(counterclockwise)
Bei Optiken aus US-amerikanischer Produktion sind die Türme fast immer mit der konträr verlaufenden Verstellrichtung hinterlegt.
Das bedeutet eine Rechtsdrehung verlagert den Treffpunkt nach links. Es
entsteht eine Dissonanz bzgl. unserer Alltagswahrnehmung. Der Turm müsste in
die entgegengesetzte (falsche) Richtung gedreht werden, um eine Verlagerung in
den positiven Bereich des Koordinatensystems zu erreichen. Somit ist ein
Denkschritt mehr erforderlich. Unter Umständen ein Denkschritt, für den in
einer stressbeladenen Situation keine Kapazitäten frei sind.
Diese Ausführung der Drehrichtung wird auch als counterclockwise
(ccw) bezeichnet.
Maßeinheit der
Rastung
Die Rastung der Klickverstellung kann die Arbeit für Schütze
oder Beobachter ebenfalls vereinfachen. Zielfernrohre basieren entweder auf
einer MOA-Rastung, auf einer metrischen (cm-) Rastung oder auf mrad. Letztere
kann in Bezug auf die Anwendung mit einer cm-Rastung gleichgesetzt werden. Eine
Klickverstellung in 1/4- oder 1/8-MOA Schritten erfordert für uns Europäer
immer Umrechenarbeit im Kopf. Unser Alltag basiert auf einem metrischen System.
Nicht auf einem System von Zoll und Yards oder Bogenminuten.
Empfehlenswert ist daher ein Zielfernrohr mit einer
1-cm-Klickverstellung auf 100 Meter Entfernung. Die Kopfrechenarbeit ist
leicht, da es sich immer um ein Vielfaches von einem Zentimeter handelt.
Fazit
Wird eine ZF-bestückte Waffe lediglich zum Schießen auf
einer 100-m- oder 300-m-Bahn genutzt, spielen Turmdrehrichtungen und
Maßeinheiten der Rastung kaum eine Rolle. Die Waffe wird entsprechend der
bekannten Distanz einjustiert. Seitenwind kann vernachlässigt werden. Jeder
Schuss ist mehr oder weniger gleich.
Beim Schießen in der realen Welt allerdings muss der Schütze
bzw. der Beobachter auf eine Vielzahl unbekannter und veränderlicher Faktoren
reagieren. Distanz, Wind, Luftdruck und Spindrift bei weiten Schüssen. Die
Voraussetzungen sind immer anders. Jeder Schuss wird einzigartig. Vor jeder
Schussabgabe müssen Korrekturen an Höhen- und Seitenturm vorgenommen werden.
Nicht selten unter Zeitdruck, nicht selten bei widrigen Witterungsverhältnissen
in Form von Regen, Kälte, Schnee und Wind. Mitunter auch unter dem Einfluss von
Kampfhandlungen. Für Überlegungen, in welche Richtung der
Turm gedreht werden muss, ist dann kein Spielraum mehr. Einfache motorische
Abläufe, die im besten Fall unseren Alltagsroutinen nahe kommen, begünstigen
das Herbeiführen einer richtigen Entscheidung.